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Fazit der Blogparade: Was Journalisten heute lernen müssen

Für unser Blog Fit für Journalismus haben wir vor einiger Zeit gefragt, welche Fähigkeiten oder Kenntnisse Journalisten lernen müssen, um auch noch in Zukunft fit für den Beruf zu sein. Diverse Kolleginnen und Kollegen dem deutschsprachigen Raum hatten sich damals an unserer Blogparade beteiligt. Heute habe ich mir die Antworten von damals noch einmal angesehen und mit der Entwicklung des Journalismus bis heute abgeglichen.

Zwischen den Beiträgen wurde ebenso viel diskutiert wie referenziert. Ich habe für dieses Fazit versucht, die Beiträge nach  Themen zu sortieren und dann jeweils ein paar meiner Ansicht nach herausragende Thesen aufzulisten. Denn das muss uns bewusst sein: es handelt sich nur um Thesen, nicht um ein Pflichtenheft für Journalisten. Eben nicht jeder wird jetzt zum Beispiel programmieren lernen (können). Und nicht jeder ist in der Situation, dass er alles hinwerfen kann, um sich komplett neu zu orientieren. Aber vielleicht findet jeder ein bisschen Inspiration, um über den Tellerrand hinauszublicken.

Roboter und Sonnenuntergang im Hintergrund.

Klassische journalistische Tugenden

Wohl niemand wird abstreiten, dass klassische journalistische Tugenden wie eine saubere Recherche, ein Gespür für Relevanz und Themen sowie das zielgruppengerechte Aufarbeiten der Inhalte Grundlagen für ein erfolgreiches Arbeiten sind. Franz Neumeier hat das meiner Meinung nach sehr gut zusammengefasst. Social Media Skills hält er für Sekundärtugenden. Dem stimme ich grundsätzlich zu. Wenn ich journalistisch ordentlich und sauber arbeite, sollte es keine Rolle spielen, ob das Endprodukt ein gedruckter Artikel, ein SEO-Text im Web oder eine Linkliste ist. Hauptsache verständlich.

Das Internet und Social Media

Ohne Social Media geht es nicht mehr. Das wurde in vielen Beiträgen schon 2013 deutlich. Zum einen, weil viele klassische Medien im Internet vertreten sind und die sozialen Netze bestücken, zum anderen weil ich als einzelner über das Internet viele Menschen erreichen kann und so einen günstigen Weg zur Selbstvermarktung habe. Das Internet hat die Medienlandschaft verändert. Jeder kann publizieren, egal ob mit einem Blog oder YouTube-Videos. Auch Unternehmen können auf Augenhöhe kommunizieren.

Die klassischen Medien verlieren an Relevanz. Und das Internet ist schnell: Meldungen sind in Echtzeit einmal um den Globus gejagt – auch die Falschmeldungen. Da kommt wieder die journalistische Tugend der Sorgfalt ins Spiel. Doch Sorgfalt erfordert Zeit und vor allem Ruhe, wie Udo Stiehl fordert: „Es geht nicht mehr darum, das schnellste Medium zu sein.“

Klar ist: „Dieses Internet-Dings geht nicht mehr weg“, behauptet Karsten Lohmeyer– wer würde ihm widersprechen wollen? Wir müssen uns die Vorteile des Internets zu nutze machen, statt immer nur über seine Nachteile zu meckern. Marcus Schoft ist sich sicher, dass man im Netz seine eigene Leserschaft findet und seine Inhalte auch wirtschaftlich erfolgreich an den Mann bringen kann, selbst wenn man durch sein eigenes Blog „nur“ gefunden und für eine feste Stelle vorgeschlagen wird.

Wenn man diesen Absatz in 2018 liest, kann man sicherlich alles so unterschreiben. Hinzugekommen ist die Kehrseite des „jeder kann publizieren“ – wir führen seit Jahren eine Debatte um Fake News und durch sog. „alternative Medien“ haben viele Menschen das Vertrauen in den klassischen Journalismus verloren.

Eine Person hält ein Handy in der Hand.

Unternehmer sein

Ob man jetzt um Aufmerksamkeit für eine Anstellung „kämpft“ oder sein eigener Herr ist, sein will oder bleiben möchte: Gerade freie Journalisten müssen sich als Unternehmer verstehen. Das war vielleicht schon immer so, aber es war vielleicht noch nie so deutlich. Und auch ein angestellter Journalist sollte sich bewusst sein, dass gerade in den letzten zwei Jahren viele Redakteure bei großen, traditionsreichen Blättern ihren Job verloren haben. Ganz zu schweigen von den freien, die dann ohne Aufträge und in der Regel ohne Arbeitslosenversicherung, Abfindung etc. da stehen.

Viele Beiträge der Blogparade drehen sich um das Unternehmer sein. Besonders zustimmen kann ich Sabine Olschner, die sich über die manchmal mangelnde Kundenorientierung von freien Journalisten beschwert: „Gutes Handwerk ist das eine – aber erst das gewisse Extra in der Zusammenarbeit sorgt für wirklich zufriedene Kunden und damit für weitere Aufträge.“ Da ich selber als freier Redakteur ein paar Jahre ein Magazin verantwortet habe, weiß ich wovon sie spricht. Dummerweise habe ich mich beim Lesen dabei ertappt, dass ich mir den einen oder anderen Faux-pas aus der Liste auch schon mal geleistet habe.

Zum Unternehmer sein gehört aber noch mehr als nur die Kundenorientierung. Es gehört Alles dazu: Ich bin mein eigener Buchhalter, CFO, Vertrieb, Marketing- und PR-Chef und vieles mehr. Ich bin für meine gesamte wirtschaftliche Existenz selbst verantwortlich. Etwas, was Andreas Grieß in den Lehrplänen der Journalistenausbildung vermisst. Zum Unternehmer sein gehört es auch, sich über sein Angebot für den Markt Gedanken zu machen.

Ich denke, dass davon viel in den letzten Jahren bei den Kolleginnen und Kollegen „angekommen“ ist.

Unabdinglich: Neugierde

Aus fast allen Beiträgen liest sich heraus, dass wir als Journalisten doch neugierig zu sein oder zu bleiben haben. Ja, warum ist man denn sonst Journalist geworden? Ich wollte schon als Kind immer alles ganz genau wissen. Die Berufswahl lag also nahe. Wahrscheinlich ist es wichtig zu lernen, sich die Neugier über das Berufsleben zu erhalten. Denn eine einmal gefasste Positionierung auf dem Markt reicht nicht für immer. Bettina Blaß, die mit mir Fit für Journalismus macht, beschreibt in ihrem Beitrag anhand ihres Lebenslaufs, wie ihre Neugierde ihre berufliche Ausrichtung bestimmt.

Ein Teilnehmer schaut auf das Handy.

Dialogbereitschaft

Das Internet ist keine Einbahnstraße. Die Hemmschwelle für Kommentare ist niedrig. Für negative anscheinend noch niedriger als für positive, aber das steht auf einem anderen Blatt. Unsere Leser, Zuhörer und Zuschauer können heute mit einem Klick Kontakt zu uns aufnehmen und uns ihre Meinung mitteilen. Damit muss man erstmal umgehen können. Ich habe auch schon den einen oder anderen Kommentar knapp oberhalb der Gürtellinie unter einen Artikel von mir bekommen und da muss man Ruhe bewahren.

Doch natürlich kann Kritik auch konstruktiv sein und helfen, die eigenen Fehler zu korrigieren (wenn man sie sich eingesteht) und die direkte Kommunikation kann eine Bereicherung für die eigene Arbeit sein – siehe diese Blogparade. Birte Frey sieht in diesen nicht-lineare Prozessen die Grundlage für guten Journalismus.

Wenn man diese Zeilen heute liest, wirkt es fast ein wenig naiv. Zwar gab es damals schon Shitstorms, aber heute hat sich im Bodensatz des Internets eine regelrechte Hasskultur entwickelt. Trolle und Bot-Armeen verbreiten bewusst schlechte Stimmung und eine gute Moderation von Kommentarspalten und Social-Media-Kanälen ist wichtiger denn je.

Ganz spezielle Kenntnisse

Programmieren muss man nicht selber können. Doch „Vielleicht sollte man einen zumindest einen guten Programmierer kennen“, wie Heiko Kunzmann schrieb. Hilfreich kann es auch sein, Ahnung von den Themen zu haben, über die man schreibt. So hält Jan Gesthuizen Allgemeinbildung für überschätzt: „Denn niemand kann wirklich sagen, was Allgemeinbildung überhaupt sein soll.“ Stattdessen soll man in seinem Thema „sattelfest“ sein. Seinen Rat zur Spezialisierung kann ich nur unterstreichen.

Mein persönliches Fazit zur Blogparade

Ich freue mich über die rege Teilnahme, befürchte allerdings, dass wir mit der Blogparade uns nur selber gefeiert haben. Wir, die Teilnehmer, wissen ja anscheinend, wie man es richtig macht. Wir bloggen, twittern, vermarkten uns als Unternehmer etc. Wenn die große Mehrheit der Journalisten das könnte, wäre die Blogparade obsolet. Insofern gebe ich Julian Heck recht, dass wir viele auf diesem Weg gar nicht erreichen. Vielleicht hätte die Blogparade als Kettenbrief auch Resonanz gefunden.

Wir wissen jetzt ziemlich viel darüber, was Journalisten lernen müssen. Jetzt müssen wir nur noch herausfinden, wie wir Journalisten dazu bringen, zu lernen. Das wäre vielleicht etwas für eine weitere Blogparade… Im Ernst, mein Appell an alle Kolleginnen und Kollegen, sich nicht nur weiterzubilden, sondern ihr Wissen auch weiterzugeben.

In diesem Sinne: Lernt und lehrt das Gelernte gleich weiter!

Alle Beiträge der Blogparade: Was Journalisten heute lernen müssen

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