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Global Media Forum 2019: erfolgreiche Medien-Startups setzen auf Kollaboration

Neue Medien, neue Verhältnisse? Die Fachjournalistin Ulrike Langer beobachtet bei amerikanischen und europäischen Medien-Startups einen Trend zum „kollaborativen Journalismus“. Beim Global Media Forum 2019 in Bonn gab sie hierzu einen gut besuchten Workshop mit internationaler Beteiligung. Interaktives Brainstorming inklusive. 

Ulrike Langer hält einen Vortrag.
Medienjournalistin Ulrike Langer sprach beim Global Media Forum 2019 mit internationalen Gästen über kollaborativen Journalismus (Foto: © DW/F. Görner)

Ist kollaborativer Journalismus wirklich neu?

Kollaborativer Journalismus ist laut Ulrike Langer kein grundsätzlich neuer Trend, denn für die Zusammenarbeit unter Medienschaffenden haben sich in der Vergangenheit bereits diverse Modelle etabliert. Allerdings gebe es auch neue Formen der Kollaboration, die sich durch besondere Merkmale auszeichnen:

  • Sie sind interdisziplinär: Die verschiedenen Fachrichtungen können in Zusammenarbeit innovative Projekte anstoßen, da sie unterschiedliche Sichtweisen und Fähigkeiten mit einbringen.
  • Sie beziehen Menschen ohne journalistischen Hintergrund mit ein. Dadurch werde die Berichterstattung authentischer und eine Relevanz für Themen erkennbar, die ansonsten eventuell untergegangen wären.
  • Sie fokussieren sich auf Lösungen für Probleme, während sie journalistisch neutral bleiben. So grenzen sie sich vom Aktivismus ab, treiben aber trotzdem gesellschaftliche Veränderungen an.
  • Sie werden durch Bedarfe der Branche angetrieben: Viele Verlage und Newsrooms können nicht mehr mit genug Tiefgang berichten, weil ihnen die Kapazitäten dazu fehlen. Durch die Bündelung und Verteilung der Ressourcen in Kollaborationen werde das oft wieder ermöglicht.

Die Vorteile moderner Kollaboration

Laut Ulrike Langer bieten Kollaborationen unter Medienschaffenden viele Chancen und Vorteile, etwa dass JournalistInnen sich besser mit ihrem Publikum verbinden können, Faktenchecks beschleunigt und Medien transparenter werden. Durch die Bündelung und neue Verteilung der knappen Ressourcen werde außerdem die Berichterstattung in den sogenannten „news-deserts“ gestärkt. Das US-amerikanische Center for Cooperative Media listet in einer Datenbank bereits über hundert Projekte journalistischer Kollaborationen auf. Ulrike Langer präsentierte einige Beispiele aus ihrer eigenen Beobachtung.

Beispiele kollaborativer Journalismus-Projekte

  • Orb Media ist ein amerikanisches Netzwerk, das den globalen Diskurs über alltägliche Entscheidungen und die Werte, die hinter ihnen stehen, erweitern möchte. Dafür wird rigoros nur über globale Themen berichtet, die sich auf wissenschaftliche Ergebnisse und Datenanalysen stützen. Reportagen von Orb Media werden dann weltweit publiziert und weiter verarbeitet (hier beispielsweise eine in der Zeit erschienene Reportage über Glück im Alter)
  • Hearken ist eine Firma, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, den guten alten „Wir entscheiden was Du wissen musst“-Journalismus durch einen zeitgemäßeren „Was wollt ihr, das wir für Euch rausfinden?“- Journalismus zu ersetzen. Dafür befragt Hearken via Plattform das Zielpublikum. Diese Ergebnisse können Medienpartner für ihre News-Rooms nutzen, um mehr im Interesse ihres Publikums zu berichten.
  • Reveal ist ein multimediales Projekt der amerikanischen nicht-kommerziellen Nachrichten-Organisation „Center for Investigative Reporting“ (CIR). Reveal Stories sind investigativ und beschäftigen sich hauptsächlich mit Ungerechtigkeiten, Missbräuchen und Korruption. Das CIR finanziert sich über ein Partnerprogramm auf nationaler Ebene. Medien können gegen einen finanziellen Beitrag Teil dieses Partnerprogramms werden und die CIR Recherchen dann kostenlos nutzen und weiter verarbeiten. Medienunternehmen, die nicht Teil des Partnerprogramms sind, können  einzelne Recherchen des CIR kaufen.
  • 70% der amerikanischen Zeitungen berichten nicht aus dem Parlamenten der einzelnen Staaten. Dadurch ist die Berichterstattung über die Politik in den jeweiligen Staaten unzureichend. Die Lösung dafür sind nicht-kommerzielle Nachrichten-Services, die von Spenden leben und aus den Parlamenten berichten. Die lokalen Zeitungen können die gemachten Audioaufnahmen, Videos und Texte nutzen und weiter verarbeiten. Ein erfolgreiches Beispiel aus Illinois ist Capitol News Illinois.
  • CORRECTIV ist ein gemeinnütziges, deutsches Recherchebüro. Correctiv initiiert Recherchen oder recherchiert direkt mit Kooperationspartnern zusammen. Die Ergebnisse der Recherche präsentiert Correctiv auf der eigenen Website, die Kooperationspartner können die Recherchen in ihrem eigenen Sinne aufbereiten.
  • Hostwriter will Reporterinnen und Reporter online und offline miteinander vernetzen. Über eine Plattform bieten sie sich gegenseitig einen Ort zum Übernachten, wie beim Couchsurfen, und außerdem eine ortskundige Begleiterperson, die ein lokales Netzwerk hat und übersetzen kann. So seien Vor Ort-Recherchen auch dann möglich, wenn man selbst nicht aus dem Ort komme oder entsprechende Kontakte habe.
  • Lokalportal ist ein Nachbarschafts-Netzwerk in Paderborn und Bünde. Es möchte die Kollaboration zwischen JournalistInnen und Nachbarschaft stärken und hyper-lokalen Journalismus fördern.

Der Workshop endete mit einem kurzen Kartenspiel, bei dem die Workshop-TeilnehmerInnen in Gruppen zugeteilt wurden und in kürzester Zeit eigene kollaborative Ideen sammelten und diskutierten. Hier wurde sehr schnell deutlich, dass Innovationen relativ schnell vorangetrieben werden können – wenn man die richtigen Methoden anwendet.

Collaboration Innovation: die Präsentation zum Nachlesen

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