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Nonprofit-Journalismus: Worauf es ankommt

Was hat das Thema „Nonprofitjournalismus“ auf einem Barcamp zur Medienfinanzierung zu suchen? Zu Beginn ihrer Cashcamp-Session räumten Thomas Schnedler und Stephanie Reuter zunächst mit einem weit verbreiteten Missverständnis auf: der Annahme, dass es bei gemeinnützigem Journalismus nicht um Geld gehe.

Nonprofit-Journalismus
Gemeinnütziger Journalismus kann gedeihen und sich lohnen, wenn das finanzielle Fundament stimmt (Foto: micheile / unsplash.com)

Mithilfe einer kleinen Umfrage testeten sie das Vorwissen der virtuell Anwesenden – und zeigten sich zufrieden mit dem Ergebnis. So war niemand der Meinung, im Nonprofitjournalismus werde komplett ehrenamtlich gearbeitet. Und auch der Behauptung, dass keine Gewinne erwirtschaftet werden dürften, stimmten nur vereinzelte Teilnehmer*innen zu. „Die zentrale Frage ist, wohin die Gewinne wandern“, so Schnedler. Die dritte Behauptung – „Non-Profit-Medien arbeiten für das Gemeinwohl“ – stieß hingegen korrekterweise auf breite Zustimmung.

Doch wie finanziert man gemeinnützigen Journalismus? Und wie erreicht man die notwendige Anerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt?

Spenden, Mitgliedschaften und Fördergelder

Mit diesen Fragen beschäftigt sich Thomas Schnedler vom Netzwerk Recherche e.V. seit Jahren. Der Projektleiter und Sprecher des Forums für Gemeinnützigen Journalismus teilte zunächst seine Erfahrungen aus einer Stipendienreihe, die das Netzwerk Recherche 2016 gemeinsam mit der Schöpflin-Stiftung aufgelegt hat. „Wir verstehen uns als Gärtner in diesem Feld“, erläuterte Schnedler. Noch sei der gemeinnützige Journalismus in Deutschland ein kleines Pflänzchen, das aber langsam wachse. Passend zu dieser Metapher haben die Förderer ihr Unterstützungsprogramm Grow Stipendium genannt.

In den vergangenen fünf Jahren sind 15 Medienprojekte für die „Grow“-Reihe ausgewählt und gefördert worden. Acht von ihnen haben den Status der Gemeinnützigkeit bereits erreicht, vier weitere sind noch auf dem Weg dahin. Leider bestehe in Deutschland noch Rechtsunsicherheit, bedauerte Schnedler.

Führende Varianten der Finanzierung seien zum einen Crowdfunding bzw. Individualspenden, zum zweiten Stiftungsmittel und auf Platz drei Abo- sowie Membershipmodelle. Dies zeige eine Evaluation des Stipendienprogramms, die er derzeit gemeinsam mit Malte Werner erarbeite.

Crowdfunding funktioniere vor allem, wenn man eine Community hat, die man aktivieren kann, erläuterte der Host. Gleiches gelte für Abo- und Membership. Hier empfahl Schnedler die Zusammenarbeit mit Plattformen wie Steady oder Riff Reporter.

Auch wenn Spenden- und Abomodelle funktionieren, handelt es sich bei den Erlösen meistens um kleine Beträge, die für eine tragfähige Finanzierung nicht ausreichen. An dieser Stelle kommen Stiftungen ins Spiel. „Stiftungen sind so wichtig für den gemeinnützigen Journalismus, dass man ihn sich ohne sie eigentlich nicht vorstellen kann”, so Schnedler. Als besonders aktiv und mit großer Expertise im Medienbereich unterwegs bezeichnete der Experte die Schöpflin-Stiftung, die Rudolf Augstein Stiftung und die Zeit-Stiftung.

Förderanträge passgenau stellen

Stephanie Reuter, die sich seit vielen Jahren bei der Augstein-Stiftung um Förderprojekte kümmert, gab den Teilnehmer*innen praktische Tipps an die Hand. So könne man bei der Suche nach passenden Stiftungen thematisch vorgehen, falls man ein fachbezogenes Medienprojekt plant. Auch eine geographische Suche sei denkbar – wenn man beispielsweise ein Lokalmedium gründen möchte und es vor Ort eine Bürgerstiftung gibt. Als hilfreiche Datenbank nannten die Hosts die Website stiftungssuche.de.

Wer eine passende Stiftung gefunden hat, sollte sich gut auf die Antragstellung vorbereiten. „Man muss wissen: Wie sieht meine Mitbewerbersituation aus? Wo sind Nischen? Wie sieht das MVP aus?“, erläuterte Reuter. Das „Minimum Viable Product“ bezeichnet das kleinstmöglich realisierbare Produkt. Außerdem sei es wichtig, das Team von Anfang an divers aufzustellen, „darauf achten wir“.

Nicht nur die Inhalte, auch Business-Knowhow oder IT-Kenntnisse müssten in der Teamstruktur abgebildet sein. Insgesamt sei es ratsam, so Reuter, erst einmal bei der jeweiligen Stiftung anzurufen und eine Einschätzung einzuholen, bevor man sich die Mühe der Antragstellung mache.

Als weitere Finanzierungsmöglichkeiten nannte Thomas Schnedler die Monetarisierung der eigenen Kernkompetenzen, sei es in Form von Recherche-Dienstleistungen oder Workshops. Das koste aber auch wieder Zeit. In wenigen Einzelfällen sei auch eine Förderung durch die öffentliche Hand denkbar, der jedoch die gebotene Staatsferne von Medien entgegensteht.

Erste Anlaufstellen für Gründer*innen

Beide Session-Hosts empfahlen nachdrücklich, einen Finanzierungsmix aus verschiedenen Komponenten zu bilden. „Verlässt man sich nur auf eine Säule, könnte daraus eine zu große Abhängigkeit entstehen“, warnte Thomas Schnedler. In der Zusammenarbeit mit Stiftungen sollte zudem auf transparente Regeln geachtet werden. Förderer dürften keinen inhaltlichen Einfluss nehmen.

Auch Stephanie Reuter, die für einen aktuellen Report den Nonprofitjournalismus in den USA in den Blick genommen hat, unterstrich: „Erfolgreiche Projekte finanzieren sich immer aus mehreren Bausteinen.“ In den Vereinigten Staaten existieren bereits knapp 400 Nonprofit-Newsrooms. So weit sei man in Deutschland noch nicht, auch wegen der noch immer bestehenden Rechtsunsicherheit, sagte die Expertin.

Auf interessierte Fragen der Sessionteilnehmer*innen hin nannte sie als gute Anlaufstellen für Frühphasenfinanzierung das Journalismus Lab der Landesanstalt für Medien NRW, den Next Media Accelerator aus Hamburg und das Media Lab Bayern. Auch Events oder sogar Anzeigen kämen als Geldquellen infrage. „Alle Wege, die den ForProfits offenstehen, stehen auch den Nonprofits offen.“

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