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Hyperlokale Nachrichtenportale: selten ein wirtschaftlicher Erfolg

Während hyperlokaler Journalismus, also Verlags-unabhängiger Onlinejournalismus für lokale Gemeinschaften, vor allem in den USA bereits weit verbreitet ist und auch aus wissenschaftlicher Sicht schon umfangreicher untersucht wurde, sind die Erkenntnisse über derlei Portale im deutschen Raum sehr überschaubar. Relevant erscheint vor allen Dingen die Frage: Können solche Portale überhaupt wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden?

Diese Frage hat nun eine Studie der Macromedia Hochschule in Köln untersucht. Dazu schrieben die Wissenschaftler Ralf Spiller, Niklas Odendahl und Matthias Degen im Sommer 2017 insgesamt 289 hyperlokale Nachrichtenportale an und baten diese, sich an einer Befragung zu beteiligen. Insgesamt 67 Portalbetreiber nahmen teil, was einer Rücklaufquote von rund 23 Prozent entspricht. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ, da die Grundgesamtheit der Portale in Deutschland nicht bekannt ist. Nichtsdestotrotz können sie nützliche Erkenntnisse liefern und dazu beitragen, das weitgehend unerforschte Feld der hyperlokalen Nachrichtenportale näher zu beleuchten.

Unterschiedliche Betriebsdauer

Viele Betreiber Verlags-unabhängiger Portale sind schon einige Jahre am Markt: von 67 Befragten gaben 49 an, dass sie ihr Portal bereits seit fünf Jahren oder länger betreiben. Lediglich 6 teilten mit, dass sie mit 1-2 Jahren Betriebsdauer zu den ganz neuen Marktteilnehmern gehören (siehe Tabelle 1).

Betriebsdauer hyperlokaler Newsportale

Vielfältige Zielsetzungen

Insgesamt 60 der 67 Befragten verfolgen das Ziel, über lokale Ereignisse zu berichten, die in den traditionellen Medien nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Jeweils 33 gaben an, bürgerschaftliches Engagement und die lokale Gemeinschaft fördern zu wollen. 29 Portale verfolgen mit ihrem Betrieb auch ökonomische Ziele. Als weitere Ziele wurden noch genannt: Die Erhöhung der lokalen Medienvielfalt, die Förderung der lokalen Wirtschaft, das Herstellen eines Heimatgefühls im Internet, Informationsaufbereitung zu lokalen Veranstaltungen oder auch die Generierung von Werbeeinnahmen, die in eine eigene lokale Stiftung fließen.

Eigenfinanzierung und Werbeeinnahmen

Der Großteil der Befragten finanziert seine Portale durch private Mittel des Betreibers. Darüber hinaus gaben 46 Plattformen Werbung als wichtigste Finanzierungsquelle an (siehe Tabelle 2). Sponsoring und Spenden nehmen eher eine untergeordnete Rolle ein. Als zusätzliche Erlösquellen nannten zwei Portale den Verkauf von Abonnements, wovon ein Portal dies jedoch bereits wieder abgeschafft hat. Zwei Portale gaben lokale Bannerwerbung über Google-AdSense an, was unter die Kategorie Werbung fällt, und ein Portal den Verkauf von Merchandising-Produkten.

Finanzierung hyperlokaler Newsportale

Herausforderung der Wirtschaftlichkeit

Die Frage nach den Einnahmen erzeugte gemischte Ergebnisse: Auf der einen Seite gaben rund zwei Drittel der Befragten an, dass der durch ihr Portal erwirtschaftete jährliche Umsatz weniger als 5.000 Euro beträgt. Auf der anderen Seite teilte etwa jeder siebte Portalbetreiber mit, einen jährlichen Umsatz von mindestens 50.000 Euro zu erwirtschaften. Darunter waren zwei Portalbetreiber, die laut eigenen Angaben sogar mehr als 150.000 Euro Jahresumsatz machten (siehe Tabelle 3).

Nachhaltigkeit und Zukunftspläne

Lediglich zwei Portale wollen ihren Betrieb in der Zukunft reduzieren oder einstellen. Die Mehrheit der befragten Akteure hingegen will nicht nur den aktuellen Zustand erhalten, sondern ihre Reichweiten vergrößern und gar die inhaltliche Berichterstattung weiter ausweiten. Als andere Zukunftspläne wurden die Umsatzsteigerung bzw. generelle Verbesserung der Wirtschaftlichkeit genannt, der Ausbau des Marketings, der Werbekundenakquise und Zusammenarbeit mit lokalen Vermarktungspartnern, die Professionalisierung des Anzeigenmanagements sowie die Verbesserung der Relevanz im lokaljournalistischen Bereich.

Hyperlokale Nachrichtenportale in Deutschland bilden wirtschaftlich betrachtet ein breites Spektrum ab. Die meisten sind schon viele Jahre am Markt, doch nur wenigen ist es gelungen, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und derart hohe Erlöse zu generieren, dass mehrere Vollzeit-Mitarbeiter davon bezahlt werden können. Für viele ist der wirtschaftliche Erfolg jedoch gar nicht ausschlaggebend, sie sehen sich eher im gemeinnützigen Dienst ihrer Gemeinde oder Stadt.

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