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Ein Mix aus on Demand und live: das individualisierte Radio der Zukunft

Photo by Matt Botsford on Unsplash

Die Audionutzung in Deutschland hat stark zugenommen, Verlierer der Entwicklung ist das klassische Radio. Wie lässt sich eine Brücke schlagen zwischen neuen On-Demand-Angeboten und Live-Programm? Was wünschen sich die Nutzerinnen und Nutzer? Dazu sammelte Simon Buchholz, Produktmanager bei namacar, auf dem Audiocamp Ideen.

Der Audiomarkt wächst: Knapp vier Stunden am Tag hören Menschen in Deutschland mittlerweile Audioformate. Diese Zahl aus dem Jahr 2020 zeigt, wie wichtig der Audiomarkt auch hierzulande schon ist. Sie gibt aber auch einen Vorgeschmack darauf, welches Potenzial Audio in den nächsten Jahren haben wird. „Die Pandemie war ein Audio-Verstärker und regelrechter Innovationstreiber“, sagte Simon Buchholz, Produktmanager bei namacar, zu Beginn seiner Session auf dem Audiocamp 2021. Seiner Einschätzung nach wurden vier Jahre in der Entwicklung übersprungen.

Viel getan hat sich im Bereich der On-Demand-Angebote, die losgelöst von festen Sendeschemata verfügbar sind. Plattformen wie Spotify und Apple iTunes entdecken die Bedeutung von Qualitätsinhalten, nicht nur bei unterhaltenden Podcasts, sondern auch bei Informationsangeboten. Wer mag, kann sich mittlerweile das eigene Radioprogramm mixen, mit passenden Informationsangeboten, Podcasts und der Lieblingsmusik.

Die Entwicklung folgt klar den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer: Sie können nicht nur hören, was ihnen gefällt, sondern auch, wann sie wollen. Leidtragende sind klassische Radiosender, die weiterhin in festen Schemata Live-Programm anbieten und nur vereinzelt Sendungen in Mediatheken zum Download anbieten. Paradox dabei: Die Sender sind es nach wie vor, die das journalistische Know-How besitzen und jenen qualitativ hochwertigen Content produzieren, den Plattformen so dringend benötigen. Denn die Nachfrage übersteigt das Angebot.

Eigentlich ist es da naheliegend, eine Brücke zwischen neuer und alter Welt zu schlagen. Das hatte auch Simon Buchholz im Sinn, als er nach einer kurzen Einführung in die Situation auf dem Audiomarkt die Teilnehmenden der Session zu einer lockeren Brainstorming-Runde einlud. Zwei Fragen gab er in die Runde: Welche Entwicklung am Audiomarkt hat in den letzten Jahren besonders beeindruckt und/oder überrascht? Und welche Konzepte fehlen und müssten dringend angegangen werden?

Ob diese Ideen technisch realisierbar seien, sollten die Teilnehmenden außer Acht lassen. Was zählte, war der Impuls für coole Neuerungen, um den Bedarf nach neuen Audiokonzepten zu decken.

Die mussten in der Session jedoch noch ein wenig warten, denn zuvor hatten die Teilnehmenden selbst vor allem Fragen. Ernst-Wilhelm Rahe etwa lenkte den Blick auf die Verbreitungswege der Angebote: „Welche Rolle wird DAB+ künftig spielen,“ fragte er. Buchholz ging davon aus, dass sich IP-Audio durchsetzen würde, auch wenn DAB+ nicht sofort vom Markt verschwinden würde. Langfristig aber werde sich das deutlich günstigere IP-Audio durchsetzen. Benjamin Buchholz, Bruder von Simon Buchholz und ebenfalls bei namacar tätig, wies darauf hin, dass sich am Ende die Technologie durchsetzen würde, die Nutzerinnen und Nutzer am meisten honorierten. „Für terrestrisches Verbreiten von Inhalten ist DAB+ super, die Frage ist nur, wer wird es am Ende noch so nutzen?“

Das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer gab auch den Ausschlag für eine erste Idee. Christian Beulker vom WDR regte an, dass es für Radiosender wieder spannend würde, wenn Angebote in einer gemeinsamen Mediathek vernetzt würden, die ähnlich wie Video-Streamingdienste auch Programmvorschläge auf Basis des Hörverhaltens machte. Buchholz ergänzte, dass auf diese Weise auch individualisierte, regionale Angebote möglich wären, etwa Nachrichten aus Berlin und die Morningshow mit dem Lieblingsmoderator aus München.

Teilnehmer S.W. Schilke erweiterte den Ansatz der Individualisierung des Programms auf die Werbung: Wie in den USA bereits möglich, könnte man Werbung passend zum aktuellen Standort der Nutzerinnen und Nutzer einspielen. Dies wäre vor allem in Situationen interessant, in der Menschen sich von einem Ort zum anderen bewegten, etwa mit dem Auto. Ebenso ließen sich die Staunachrichten passend zum aktuellen Standort einspielen, so dass niemand mehr zehn Minuten Verkehrsmeldungen aus dem ganzen Bundesgebiet hören müsste.

Simon Buchholz fasste den Input am Ende der Session unter dem Stichwort zerstückeltes Radio zusammen: „Ein interessanter Ansatz für Sender ist es, Inhalte künftig einzeln zu verkaufen und auf Plattformen zu bündeln.“ Am besten sollten sie das zusätzlich mit einer eigenen Plattform tun: der gemeinsamen Mediathek.

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